Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts waren Zertifikate für Diamanten, die sich nach festen und international gültigen Regeln und Einstufungen richten, gänzlich unbekannt. Erst in den frühen 1970er Jahren änderte sich das, ein Plus an Transparenz und Vergleichbarkeit und eine kleine Revolution in der Diamantenbranche, in der Veränderungen und Neuerungen des traditionellen Geschäfts eher eine Seltenheit sind.
Was steht auf einem Diamantzertifikat?
Das Zertifikat ist eine akkurate und unabhängige Beschreibung aller Eigenschaften einen Diamanten. Neben den vor allem wertbestimmenden 4C, Color, Cut, Clarity und Carat beschreibt es auch die Proportionen, bei Brillanten die Exaktheit und Qualität des Schliffs, wie gut die Politur ist, wie es um die Symmetrie bestimmt ist und ob Fluoreszenz vorhanden ist, wenn ja in welchem Maße. Neben einer genauen Abbildung in Form eines Drahtgitters das genau alle Längen und Proportionen ausweist, sind alle eventuell vorhandenen Einschlüsse, in Form einer Sicht von oben auf die Tafel des Diamanten und von unten auf die Kalette, sorgfältig kartiert.
Wichtig zu wissen: Oft werden die 4C als gleichwertig nebeneinander gesehen. Rein mit Blick auf den Wert ist diese Betrachtung nicht falsch, geht es aber um die optische Wirkung, z.B. im einem Verlobungsring, sind Schliff und Proportionen in der Regel wesentlich entscheidender als Farbe oder Einschlüsse. So ist etwa der Unterschied zwischen Farbe D und E selbst vor einem weißen Hintergrund unter hellem Kunstlicht ohne Meßgerät nicht feststellbar, obwohl der Preisunterschied schon bei 1 Karat tausende Euro beträgt. Die meisten Menschen sind nicht einmal in der Lage, G und J vor weißem Hintergrund eindeutig auseinanderzuhalten. Auch Einschlüssen, die unterhalb der Sichtbarkeitsschwelle ohne Lupe liegen, machen zwar erhebliche Unterschiede im Preis, aber nicht in der Optik. Das führt zu dem Phänomen, dass etwa ein Diamant der Farbe I mit SI1 Einschlüssen, aber idealem Schliff, im Ring ungleich schöner wirken kann als ein „nur“ sehr gut oder gar gut geschliffener D und IF Diamant, der ein Vielfaches teurer ist. Kurz: Die wertbestimmende Seltenheit und die Wirkung im Ring sind zwei Paar Schuhe, ein teurerer Diamant sieht in Schmuck gefasst nicht automatisch besser aus, als ein günstigerer.
Jedes Zertifikat trägt eine eigene Nummer, zusätzlich kann auf Wunsch die Nummer des Zertifikats mit einem Laser in den Gürtel des Diamanten, die Rundiste, eingraviert werden. Das ermöglicht unabhängig von einer Versiegelung im Blister jederzeit die genaue Zuordnung des Diamanten zu seinem Zertifikat.
Moderne Zertifikate sind zur Vorbeugung gegen Fälschungen mit ähnlichen Sicherheitsmerkmalen wie Banknoten versehen, z.B. Hologrammen und Mikroschrift.
Wie viel kostet die Zertifizierung eines Diamanten?
Die genauen Kosten richten sich nach dem effektiven Aufwand. Je größer ein Diamant, im Sinne des Karatgewichts, desto aufwendiger die Prüfung. Zusatzfeatures wie die Lasergravur kosten extra. Die Preise bewegen sich je nach Labor von mittleren zweistelligen Summen bis in den hohen dreistelligen Bereich. Genau das ist auch der Grund, weshalb bei sehr kleinen Diamanten unter ca. 0,3 Karat keine Zertifizierungen üblich sind, der Preis steht nicht in Relation zum Wert, insbesondere wenn man an Schmuckstücke denkt, die vielleicht mit dutzenden kleinen Diamanten besetzt sind und dadurch erheblich teurer würden.
Ist ein Diamant ohne Zertifikat weniger wert?
Ein klares Nein, das Zertifikat macht den Diamanten nicht wertvoller, es steigert den Preis im Grunde nur um die Kosten der Bewertung. Es macht den Einkauf aber für Laien deutlich sicherer und erleichtert einen eventuellen späteren Verkauf. Geht ein Zertifikat verloren oder wird der Diamant aus dem verschweißten Blister entnommen, ist eine neue Zertifizierung oder auch eine neue Versiegelung jederzeit möglich, wenn auch nicht kostenlos.
Für den Profi mit den entsprechenden Möglichkeiten zur Prüfung ist der Kauf von Diamanten ohne Zertifikat kein Problem, wer online kauft und selbst keine Experte ist, sollte aber niemals bei vermeintlich günstigen Angeboten ohne Zertifikat zuschlagen. Zu groß ist die Gefahr, betrogen zu werden, gerade auf großen Verkaufs- und Versteigerungsplattformen finden sich binnen Minuten dutzende sehr dubiose Angebote, bei denen der Experte sofort Warnhinweise erkennt, die dem Laien verborgen bleiben.
Welche Diamantzertifikate sind anerkannt und vertrauenswürdig?
Generell bemüht sich jedes Labor um eine ordentliche Zertifizierung, aber im harten Wettbewerb neigen gerade kleinere und weniger renommierte Labore wie etwa EGL dazu, zur Generierung von mehr Geschäft eher milde Urteile zu fällen. Hier Bösartigkeit zu unterstellen wäre sicher falsch, jede Zertifizierung ist zumindest teilweise subjektiv, weil sie von Menschen vorgenommen wird. Tatsache ist aber, dass von EGL (European Gemological Laboratory) und auch teils von IGI (International Gemological Institute) und HRD (Hoge Raad voor Diamant) bei einer Rezertifizierung durch GIA (Gemological Institute of America) oder AGS (American Gem Society) schlechter abschneiden. Die Unterschiede sind meist nicht dramatisch, aber gerade im Bereich kritischer Grenzen, etwa zwischen „Included“ und „Slightly Included“ kann selbst eine Stufe Unterschied einen nicht unerheblichen unterschied im Marktwert ausmachen. Als besonders fragwürdig gelten die Zertifikate von IGL (International Gemmological Laboratories) sowie Zertifikate von Laboren die selbst unter Experten nahezu unbekannt sind, etwa AGL, DIA (Diamond Institute of America), UGL (Universal Gemological Laboratory), GGL (Global Gem Lab), IDGL (Independant Diamond Grading Laboratories, besondere Warnung, verwendet auf der Website irreführend das Kürzel GIA), GIE (Gemological Institute of Europe), GSI (Gemological Science International)
Alles kein Problem, solange man diese Unterschiede kennt und bei Zertifikaten von Laboren, die Experten eher kritisch betrachten, diese möglichen Abweichungen einkalkuliert. Kellyanne Conways, die ehemalige Beraterin von Donald Trump im Weißen Haus würde hier wahrscheinlich, wie bei der Größe der Menschenmenge zur Amtseinführung ihres ehemaligen Chefs, von „alternativen Fakten“ sprechen.
Genau das ist aber der Haken, denn diese Tatsache wird von vielen Händlern nicht erwähnt, oft werden die Zertifikate aller Labore als gleichwertig dargestellt. Was machen Sie? Sie kaufen den Diamanten mit EGL Zertifikat, statt GIA Zertifikat, weil der Diamant mit dem EGL Zertifikat günstiger ist. Das dieser nur billiger ist, weil das schwächere Zertifikat ihn etwas besser macht, als er bei härterer Beurteilung wäre, wird Ihnen im Zweifel leider nicht kommuniziert.
Wer zu 100% sicher gehen will, dass der Diamant auch wirklich exakt das hält, was er verspricht, ist mit dem Goldstandard GIA sicher am besten bedient. GIA ist übrigens auch das einzige Labor, das als Non-Profit Organisation geführt wird.
Eine Sonderstellung nimmt IIDGR (International Institute of Diamond Grading and Research) ein, Zertifikate dieses Hausintituts von De Beers findet man bisher eher selten am Markt, das Institut ist noch relativ jung, darf aber nach allem was bisher zu hören und sehen war auf jeden Fall in der oberen Liga und als absolut vertrauenswürdig angesehen werden.
Grundsätzlich ist aber jedes Zertifikat eines unabhängigen Labors, das anonyme Beurteilungen vornimmt, besser als die Eigenzertifikate eines Händlers oder Juweliers. Natürlich gibt es viele absolut seriöse Juweliere, die ihre Ware sehr realistisch einschätzen, nur besteht immer ein Interessenkonflikt, der immer einen gewissen Beigeschmack hinterlässt. Dritte urteilen eher wertfrei und unvoreingenommen.
Was sagen Diamantzertifikate nicht aus?
Zertifikate eignen sich perfekt, um die Seltenheit und damit auch den ungefähren realistischen Wert eines Diamanten zu bestimmen, sie stoßen aber an bestimmten Punkten an ihre Grenzen, insbesondere was die konkrete optische Wirkung angeht. So kann auch ein Diamant mit GIA Triple Excellent Schliff Stellen aufweisen, an denen das Licht durch den Diamanten hindurchscheint, wie durch ein Fenster, statt reflektiert zu werden, wie bei einem Spiegel. Ein exzellenter Schliff garantiert auch nicht das begehrte „Hearts & Arrows“ Muster, das sich beim Blick von oben bzw. unten zeigen kann. Wer viel Wert auf Symmetrie legt und einen wirklich in allen Belangen perfekten Diamanten sucht, der in allen Lichtverhältnissen die gewünschte Performance zeigt, kommt um weitere Untersuchungen abseits des Zertifikats nicht herum. Zu nennen wären hier eine Holloway Cut Adviser (HCA) Berechnung der zu erwartenden Lichtbrechung anhand der Proportionen, sowie eine Betrachtung durch ein ASET/Fire/Ideal Scope. Nur diese Hilfsmittel, die bei Anbietern wie James Allen oder Whiteflash zum Einsatz kommen, identifizieren ob ein Diamant das Licht in annähernd idealer Weise bricht oder eher chaotisch.