Moissanit, der bessere Diamant?

Was haben Moissanit und Antibiotika gemeinsam? Beides sind Zufallsentdeckungen, im Fall des ersten Antibiotika war es eine unabsichtlich verunreinigte Petrischale, beim Moissanit ein Meteoriteneinschlag. Der französische Chemiker Henri Moissan, der Namensgeber des Materials, entdeckte es zu Beginn der 20. Jahrhunderts in der Probe eines Meteoriten, die er analysierte.  Der Stoff aus dem Canyon-Diablo-Meteoriten ist auch besser bekannt als Siliciumcarbid, das in der Halbleiterherstellung eine große Rolle spielt. Rein optisch in der rohen und unbehandelten Form ganz anders als ein Rohdiamant, siehe dazu das Bild über diesem Beitrag. Natürliche Vorkommen sind extrem rar und beschränken sich auf die Einschlagregionen von Himmelskörpern und seltene Funde im Bereich von Vulkanen, eine künstliche Herstellung ist aber unter hohem Druck und starker Hitze möglich.

Das verwendete Verfahren, HTHP (high temperature, high pressure) ist das gleiche, welches auch zur nachträglichen Behandlung echter Diamanten verwendet wird. Die Mohshärte der künstlichen Edelsteine kommt nahe an den Diamant heran, mit 9,5 liegt sie nur knapp unter den 10 des echten Diamanten. Die Temperaturbeständigkeit ist exzellent und sogar mit über 1100 Grad Celsius etwa 300 Grad höher als die des Originals. Im Gegensatz zu den ersten Moissaniten, die eine eindeutige blaue oder grüne Färbung besaßen, ist heute auch die Synthese komplett farbloser Exemplare problemlos möglich. Führend in der Produktion sind vor allem amerikanische Anbieter wie Charles & Colvard (vor Ablauf des Patents einziger Hersteller, früherer Firmenname C3, Inc.) mit dem 2015 eingeführten „Forever One Moissanite“, Wholesale Moissanite mit der „NEO“ Serie und die australische Firma Moissanite International mit dem „Supernova“.

Relativ neu am Markt, aber mit eindrucksvollem Produkt, ist die Firma BetterThanDiamond mit dem“ Amora Gem“, dem Moissanit sehr ähnlich aber chemisch leicht abgewandelt. Ob dieser künstliche Stein nun, wie der Firmenname suggeriert, wirklich besser als ein natürlicher Diamant ist, liegt eindeutig im Auge des Betrachters.

Kann man Moissanit und Diamanten unterscheiden?

Im Gegensatz zu billigen Edelsteinkopien wie Zirkonia, die sich für das geübte Auge einfach vom echten Diamanten unterscheiden lassen, stellt Moissanit auch Fachleute auf die Probe, zumindest auf den ersten Blick und ohne Prüfgerät.

Am markantesten ist die Doppelbrechung, die bei echten Diamanten nicht vorhanden ist und sich beim Blick mit der Juwelierlupe von der Tafel nach unten zur Kalette offenbart. Die Kanten der Facetten erscheinen nicht einfach, wie das beim Diamanten der Fall ist, sondern doppelt. Dem Profi fällt auch das untypisch starke Funkeln in allen Regenbogenfarben auf, insbesondere im Sonnenlicht ist dieser Effekt gut sichtbar. Dennoch, für den Laien ist eine Unterscheidung fast unmöglich, Moissanit ist zweifelsfrei das beste Diamantenimitat auf dem Markt.

Was spricht für und gegen Moissanit?

Das augenscheinlichste Argument für Moissanit ist der Preis, ein qualitativ guter künstlicher Stein ist ungefasst bereits um die 350€ pro Karat erhältlich, also ca. ein Zehntel dessen, was ein vergleichbarer Diamant kosten würde. Ebenfalls auf der positiven Seite zu sehen ist die Nachhaltigkeit, die Umweltbelastung und der Ressourcenverbrauch zur Herstellung eines Moissaniten sind ungleich geringer als die aufwendige Förderung von Diamanten in riesigen Tagebauminen. Letztere befinden sich aber in der Regel ohnehin in unbewohnten, kargen Regionen der Erde.

Ein häufiges Stichwort aus dem Mund von Fans der künstlichen Schöpfung sind auch „Blutdiamanten“, wobei diese schon seit Einführung des Kimberly Prozesses praktisch nicht mehr auf dem Schmuckmarkt auftauchen.

Gegen Moissanit spricht  vor allem sein Image, denn wer gibt schon gerne zu, statt des Originals ein günstiges Imitat zu tragen? Wer durch das Tragen von Schmuck auch sozialen Status darstellen will, ist beim Moissanit fehl am Platze, auch wenn das keinesfalls für jede Käuferin oder jeden Käufer das ausschlaggebende Kriterium ist. Ebenfalls kritisch zu sehen ist der finanzielle Aspekt, denn einerseits spart ein Moissanit viel Geld gegenüber dem Diamanten, andererseits gibt es keinen echten Zweitmarkt, der Wiederverkaufswert ist im Gegensatz zum Diamanten nahe Null anzusetzen.